Chile: „Es gibt immer mehr Rassismus“

 Auch während der Lockdowns in Chile arbeitete Sahory auf dem Markt (Quelle: Victor Zavaleta Carbajal)

Auch während der Lockdowns in Chile arbeitete Sahory auf dem Markt (Quelle: Victor Zavaleta Carbajal)

Sahory kommt aus Peru, lebt aber in Chile in dem kleinen Ort Vivaceta. Das ist nahe der Hauptstadt Santiago de Chile. Vor der Coronapandemie hat die 15-Jährige auf einem Markt gearbeitet. Nun nicht mehr. Aber nicht nur ihre Arbeit hat sich verändert – Sahory hat auch gemerkt: Der Hass gegenüber Menschen aus anderen Ländern ist leider mehr geworden.

Text: Jürgen Schübelin, Katharina Draub, Fotos: Victor Zavaleta Carbajal, Kindernothilfe-Partner

„Hallo, ich bin Sahory. Ich komme eigentlich aus Peru, aber lebe seit einiger Zeit in Chile. Ich habe eine lange Zeit meiner Mutter beim Fischverkauf auf dem großen Markt in der Hauptstadt von Chile geholfen. Ich habe die Fische zum Verkauf vorbereitet, aber manchmal auch an der Kasse gearbeitet und Kunden bedient. Der Markt war auch während der Lockdown-Zeit geöffnet. Trotzdem kamen viel weniger Menschen als vorher, denn sie hatten weniger Geld zum Einkaufen.

Deswegen verkaufen wir nun peruanisches Essen. Morgens um sechs Uhr fangen wir an, es zu kochen. Dann versuche ich, es auf den Straßen zu verkaufen. Zum Glück kann ich trotz der Arbeit während der Arbeit auch noch zur Schule gehen. Aber auch mein Schulleben hat sich geändert. Ohne Laptop konnte ich dem Online-Unterricht nicht folgen. Die ganze Situation hat mich sehr gestresst. Habt ihr euch auch so gefühlt während der Pandemie in Deutschland? Dank der Mitarbeitenden eines Projekts konnte ich aber mit anderen Kindern zumindest einen Teil des Unterrichts nachholen.

Die Jugendlichen aus dem Projekt haben sich draußen mit einer Pädagogin getroffen. Sahory ist ganz rechts im Bild. (Quelle: Kindernothilfe-Partner)

Die Jugendlichen aus dem Projekt haben sich draußen mit einer Pädagogin getroffen. Sahory ist ganz rechts im Bild. (Quelle: Kindernothilfe-Partner)

In diesem Projekt haben wir auch über Rassismus gesprochen. In der Schule gab es auch schon immer viel Mobbing. Leute, die eine dunklere Hautfarbe haben, werden oft diskriminiert. Mir ist aufgefallen, dass Rassismus in Chile durch die Pandemie noch stärker geworden ist. Es gab schon immer viele Menschen hier, die sehr feindlich und aggressiv gegenüber denjenigen waren, die aus ärmeren Ländern hierhergekommen sind. Ich bin auch mit meiner Familie aus Peru nach Chile gekommen.

Ich musste lernen, wie ich mich verteidigen und vor Rassismus schützen kann. Sehr wichtig ist es, sich nicht durch aggressive Sprüche und Gesten verletzen und aus der Ruhe bringen zu lassen. Und keine Angst zu zeigen. Denn woanders in Frieden leben zu dürfen, ist das Recht von jedem Menschen. Dafür möchte ich mich auch einsetzen – und später als Sozialarbeiterin oder Anwältin arbeiten. Das wäre mein großer Traum.“   

Jugendliche aus dem Projekt „Colectivo Sin Fronteras“ („Gemeinschaft ohne Grenzen“) (Quelle:  Kindernothilfe-Partner)

 Jugendliche aus dem Projekt „Colectivo Sin Fronteras“ („Gemeinschaft ohne Grenzen“) (Quelle: Kindernothilfe-Partner)

 

Ein besseres Leben

Der Kindernothilfe-Partner „Colectivo Sin Fronteras“ („Gemeinschaft ohne Grenzen“) hilft Kindern und Familien, die in Chile zugewandert sind. Mitarbeitende kümmern sich darum, dass die Familien eine Gesundheitsvorsorge bekommen, Kinder Bildung erhalten und ihre Lebenssituation verbessert wird. Auch Sahory hat am Projekt teilgenommen.