Äthiopien: Hockeyspiel statt Bescherung
Robinson reist mit dem Zauberbuch durch die Welt und lernt die Weihnachtsbräuche in den verschiedenen Ländern kennen.
Nach dem Weihnachtsgottesdienst ist Robinson mit Tadesse und seiner Familie nach Hause gegangen. Die Familie wohnt in einer Stroh gedeckten Rundhütte. Die Wände bestehen aus Lehm und haben keine Fenster. Tadesses Mutter und Schwestern schleppen Krüge und Schüsseln nach draußen. Alle essen mit den Fingern. Robinson probiert viele köstliche Gerichte, die er noch nie gegessen hat. Bald ist er rundum satt und auch ziemlich müde.
„Nach dem Essen gibt’s sicher die Bescherung, oder?“, fragt er Tadesse. „Bescherung?“
„Na, das Verteilen der Geschenke natürlich, oder wann macht ihr das?“ „Geschenke?“ Tadesse versteht nur Bahnhof. „Warum sollte es an Weihnachten Geschenke geben?“
Robinson erzählt ein bisschen, wie in Deutschland Weihnachten gefeiert wird. Der äthiopische Junge ist sprachlos. Es fällt ihm schwer, sich vorzustellen, wie ein Weihnachtsbaum aussieht, und Robinson verspricht, ihm eine Weihnachtskarte zu schicken, sobald er wieder zu Hause ist.
Tadesse stößt ihn in die Seite. „Hast du Lust, Genna zu spielen?“ Robinsons Gesicht ist ein einziges Fragezeichen.
„Das ist ein Ballspiel“, erklärt Tadesse. „Gibt’s das bei euch etwa nicht an Weihnachten?“
Sie laufen zu einem großen Platz hinter dem Dorf. Das Spiel ist bereits im Gange. Viele Jungen rennen mit einer Art Hockeyschläger hinter einem Holzball her und versuchen, ihn in eins der beiden Tore zu schlagen, die mit Stöcken markiert ziemlich weit von einander entfernt aufgestellt sind.
„Ihr spielt an Weihnachten Hockey?“, fragt Robinson ungläubig. Tadesse versteht sein Erstaunen nicht. „Es wird doch erzählt, die Hirten in Bethlehem hätten auch gerade Genna gespielt, als der Engel erschien und die Geburt des Jesuskindes ankündigte.“
„Woher wollt ihr das denn wissen?“, fragt Robinson, bekommt aber keine Antwort. Immer mehr Jungen strömen auf den Platz. Jeder steigt einfach in das Spiel ein. „Wie viele können da eigentlich mitspielen?“, fragt Robinson verblüfft.
„Das ist völlig egal“, sagt Tadesse. „Und es dauert, bis es so dunkel ist, dass man den Ball nicht mehr erkennen kann.“
„He, wollt ihr nicht mitmachen?“ Ein Junge kommt mit zwei Schlägern auf die beiden zu. Robinson sieht skeptisch auf den Stock.
„Los komm, das Spiel ist ganz einfach“, sagt Tadesse und saust los. Entschlossen packt Robinson den Schläger und flitzt hinter ihm her. Schnell hat er die Regeln begriffen und versenkt den „irur“, wie die anderen die Kugel nennen, mehrmals im Tor.
Sie spielen Stunde um Stunde. Robinson ist voll bei der Sache. Gerade setzt er zu einem Mordsschlag an. Da wird er plötzlich hochgerissen! Er hört nicht mehr den Torjubel und auch nicht, dass sein Team am Ende gewinnt. Mit erhobenen Stöcken ziehen Tadesse und die anderen Spieler zurück ins Dorf von Haus zu Haus und erzählen von ihrem Sieg. Und von dem fremden Mitspieler, der sich plötzlich in Luft aufgelöst hat. Währenddessen ist Robinson schon wieder unterwegs zum nächsten Weihnachtsland.
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